Bei der Notfallversorgung herrscht eine gute Nachbarschaft
Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch besucht das Krankenhaus Wangen
Wangen (wil) – Über die Gesundheitsversorgung in einer ländlichen Region hat sich Staatsekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch bei einem Besuch im Klinikum Westallgäu der Oberschwabenklinik in Wangen informiert. Beeindruckt zeigte sie sich von der Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhauses bei der Notfallversorgung. Zur Sprache kamen aber auch Defizite im Gesundheitswesen. Der Landtagsabgeordnete Raimund Haser wies auf Lücken in der flächendeckenden pflegerischen Versorgung älterer Patienten nach der Entlassung aus der Klinik hin.
Die CDU-Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Heilbronn-Süd und Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz war sich mit ihrem Fraktionskollegen aus dem Westallgäu am Ende des Besuchs darin einig, die Krankenversorgung auf dem Lande zu einem Schwerpunkt der politischen Arbeit zu machen. Zusammen mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Waldemar Westermayer sowie den Kreisräten Christian Natterer und Hansjörg Leonhardt gab es dazu im Krankenhaus Wangen Informationen aus erster Hand.
Zum Beispiel zur Notfallversorgung. Die CDU-Politiker besichtigten die Notaufnahme und die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung, die an Wochenenden und an Feiertagen im Krankenhaus geöffnet ist. Dr. Michael Opfermann, Notfallbeauftragter der niedergelassenen Ärzte, und Dr. Jan-Ove Faust, Direktor Medizin und Pflege der Oberschwabenklinik, lobten das Modell gleichermaßen. An den Öffnungstagen steht die Notfallpraxis zwölf Stunden zur Verfügung. Im Schnitt kommen 60 Patienten. Am bislang höchstfrequentierten Tag seien es 108 Patienten gewesen, so Dr. Opfermann.
Für Notfallpatienten ist die KV-Notfallpraxis die erste Anlaufstelle. Bei Bedarf leitet der niedergelassene Arzt die Kranken an die direkt nebenan arbeitende Notaufnahme des Krankenhauses weiter. Eine Nachbarschaft, die sich bewährt jat, bestätigte auch Peter Clement, niedergelassener Arzt aus Isny, der an diesem Tag Notfalldienst hatte. Den Dienst können sich jetzt 150 Ärzte aus der Region teilen, erläuterte Dr. Opfermann. Früher seien es in kleineren Notfallbezirken nur ein halbes Dutzend Ärzte mit entsprechend höherer Belastung gewesen.
Für das Krankenhaus ist die KV-Notfallpraxis umgekehrt ebenfalls eine willkommene Entlastung. Die Notaufnahme muss sich damit weniger mit leichteren Fällen befassen, deren Behandlung für das Krankenhaus bei weitem nicht kostendeckend ist, sagte Dr. Faust. Dass Leistungen in der Notfallversorgung dringend besser vergütet werden müssen, gaben die OSK-Vertreter den CDU-Politikern mit auf den Weg.
Dr. Stefan Locher, Chefarzt der Anästhesie und des Schmerzzentrums am Krankenhaus Wangen, wies auf die Komplexität der Notfallversorgung zurück. Der Patient habe es mit drei „Systemen“ zu tun, von denen jedes seine eigene Finanzierung hat: KV-Notfalldienst, Krankenhaus-Notaufnahme und Notarztdienst. Für den Patienten sei das oft schwer durchschaubar, wo er doch nur ein einziges Anliege hat: „Ich habe ein Gesundheitsproblem, bitte helft mir!“
Raimund Haser erkennt im ländlichen Raum unverändert Lücken bei der wohnortnahen Versorgung älterer Menschen, die nach der Entlassung aus der Klinik pflegerisch betreut werden müssen. Die Menschen auf dem Lande dürften einen Zentralisierungsprozess im Gesundheitswesen, der mit der Schließung kleinerer Krankenhäuser verbunden ist, nicht nur als „Einbahnstraße“ erleben. Man müsse den Menschen zeigen, dass Belastungen auch kompensiert werden. Für die Übergangspflege müssen Lösungen gefunden werden, pflichtete ihm Eva-Maria Meschenmoser, Erste Landesbeamtin im Landkreis Ravensburg, bei. Modellhaft seien Wege angedacht, aber noch nicht verwirklicht. „Wir sind uns alle darin einig, dass wir neue Formen der Pflege brauchen“, betonte auch Dr. Jan-Ove Faust.
„Ist ein neues Denken in der Krankenhauspolitik erforderlich?“, wollte Staatssekretärin Gurr-Hirsch von OSK-Geschäftsführer Dr. Sebastian Wolf wissen. Eine Frage, die dieser rundweg bejahte. Krankenhausplanung müsse über Landkreis- und zur Landesgrenzen hinaus reichen, forderte Dr. Wolf. Die heutigen Bedingungen würden das Überleben der Kliniken fördern, deren wirtschaftlicher Atem lange genug reicht, und nicht derjenigen, die tatsächlich versorgungsnotwendig sind.