Kultusministerin stellt Schwerpunkte im Schuljahr 2017/18 vor
Ministerin Dr. Susanne Eisenmann: Mehr Verbindlichkeit, mehr Lernzeit, mehr Zeit für passgenaue Förderung
Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann hat heute (6. September) in Stuttgart Neuerungen und Schwerpunkte für das neue Schuljahr 2017/18 vorgestellt. „Unser Ziel ist, die Leistungsfähigkeit und Qualität des Schulsystems konsequent weiter-zuentwickeln. Dafür erhalten die Schulen mehr Verbindlichkeit, mehr Lernzeit in den Kernfächern und mehr Zeit für eine passgenaue Förderung der Schülerinnen und Schüler“, sagt Eisenmann. Rund 740 zusätzliche Deputate hat die Landesregierung dafür bereitgestellt. Diese verteilen sich wie folgt:
- 160 Deputate für mehr Lernzeit in Deutsch und Mathematik in der Grundschule,
- 260 Deputate für zusätzliche Poolstunden an den Realschulen,
- 60 Deputate für Informatik in Klasse 7 am Gymnasium,
- 160 Deputate für den Ausbau der Inklusion,
- 100 Deputate für mehr Ganztagsschulen.
Die bereits angekündigten strukturellen Änderungen mit der Einrichtung des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung und des Instituts für Bildungsanalysen sollen ab dem Jahr 2019 greifen und den organisatorischen Rahmen für eine nachhaltige Steigerung der Qualität schulischer Angebote bilden. Eisenmann: „Die Lehrerfortbildung spielt eine Schlüsselrolle bei der Qualitätsentwicklung. Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck daran, erste Schritte zur Qualitätsverbesserung bei den Lehrerfortbildungen zu unternehmen.“ Anfang August hat die Ministerin einen wissenschaftlichen Beirat berufen, der die geplante Neuordnung der Qualitäts-entwicklung des baden-württembergischen Schulsystems in den kommenden Jahren begleiten und unterstützen soll. Dieser wird vom renommierten Tübinger Bildungsforscher Prof. Dr. Ulrich Trautwein geleitet.
Mehr Lernzeit an Grundschulen
Seit dem vergangenen Schuljahr erhalten die Grundschulen je eine zusätzliche Stunde für Deutsch und für Mathematik. Im neuen Schuljahr werden diese Stunden um eine Stunde für die Klassenstufe 3 aufgestockt. Im Schuljahr 2018/19 folgt dann der letzte Aufbauschritt mit einer weiteren Stunde für die Klassenstufe 4. Die im neuen Schuljahr 2017/18 in der Klassenstufe 3 zusätzlich zur Verfügung stehende Stunde kann von den Grundschulen wahlweise im Fach Deutsch oder im Fach Mathematik eingesetzt werden. „Qualität braucht Lernzeit in den Schlüssel-kompetenzen, deshalb sind die zusätzlichen Stunden für Deutsch und Mathematik in der Grundschule ein wichtiger Schritt, damit ein solides Fundament gelegt werden kann“, so Eisenmann.
Mehr Transparenz: Grundschulempfehlung wird wieder vorgelegt
Zum 1. August 2017 ist außerdem die Neureglung zur Grundschulempfehlung in Kraft getreten. Diese sieht vor, dass die Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigten erstmals für den Übergang auf die weiterführenden Schulen zum Schuljahr 2018/19 die Grundschulempfehlung bei der Anmeldung in der weiterführenden Schule vorlegen müssen. Die Vorlagepflicht soll für mehr Transparenz sorgen und den weiterführenden Schulen eine passgenaue und bruchlose Förderung von Anfang an ermöglichen.
Realschulen: Fünf zusätzliche Poolstunden für bessere Förderung
Auch das neue Konzept zur Stärkung der Realschulen, das ab Herbst wirksam wird, trägt zur Qualitätssteigerung bei. Nach der Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 führen die Realschulen entsprechend der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler gezielt zum Realschulabschluss oder zum Hauptschulabschluss. Die Realschulen erhalten dafür mehr Möglichkeiten zur äußeren Leistungsdifferenzierung. Statt wie bisher leistungsstärkere und leistungsschwächere Schüler in einer Klasse gemeinsam zu unterrichten, können die Realschulen nun selbst entscheiden, ob sie Gruppen, Klassen oder Züge bilden oder im Unterricht differenzieren, um die beste Art der Förderung anzubieten. „Die Realschulen können mit den Poolstunden pädagogisch flexibel auf die zunehmend heterogene Schülerschaft reagieren“, betont Eisenmann. Das Kultusministerium habe die Zahl der Poolstunden zum neuen Schuljahr von acht Stunden auf 13 Stunden je Zug erhöht. „Die leicht gestiegenen Anmeldungen an den Realschulen zum neuen Schuljahr zeigen, dass wir ein attraktives Paket für die Realschulen geschnürt haben“, so Eisenmann.
Aufbaukurs Informatik startet an den Gymnasien
Im vergangenen Schuljahr wurde in allen weiterführenden Schulen der verbindliche Basiskurs Medienbildung in Klasse 5 sowie die Leitperspektive Medienbildung eingeführt, die das Lernen mit und über Medien in allen Klassenstufen vorsieht. Das Konzept des Kultusministeriums sieht darauf aufbauend einen verbindlichen Aufbaukurs Informatik für alle Schülerinnen und Schüler in Klasse 7 vor. Der Einstieg erfolgt zum neuen Schuljahr 2017/18 zunächst in Klasse 7 an allen Gymnasien. Der Aufbaukurs soll vertiefende Kompetenzen – beispielsweise zur Kodierung von Daten, Sicherheit und Datenschutz – sowie ein Verständnis von Algorithmen vermitteln. Im Schuljahr 2018/19 soll der Aufbaukurs dann im nächsten Schritt in Klasse 7 an den Haupt-/Werkrealschulen, Realschulen und Gemeinschaftsschulen folgen. „Medienkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz, um unsere komplexe Welt begreifen und in ihr agieren zu können. Dazu gehört auch, die Technik der digitalen Medien und des Internets zu verstehen“, sagt Kultusministerin Eisenmann.
Ausbau der Inklusion geht planmäßig weiter
Für den Ausbau der Inklusion stehen im neuen Schuljahr 2017/18 weitere 160 Lehrerstellen zur Verfügung. Die bisherigen Erfahrungen seit der Schulgesetz-änderung im Jahr 2015 zeigen, dass sich die Eltern sehr bewusst für den Lernort ihres Kindes entscheiden. Etwa ein Viertel der Eltern von Kindern mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot entscheidet sich für ein inklusives Bildungsangebot, 75 Prozent der Eltern wählen ein Bildungsangebot an einem sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum. „Inklusion ist und bleibt ein integraler Bestandteil unseres Bildungswesens. Indikator für den Erfolg unserer Bemühungen ist dabei nicht die Quote der Schüler, die inklusiv beschult werden. Entscheidend ist vielmehr, wie der optimale Weg zum Bildungserfolg jedes einzelnen Kindes erreicht werden kann, ohne die Beteiligten zu überfordern“, sagt Eisenmann. Im Herbst wird die Ministerin dem Kabinett einen Bericht über den Sachstand der Inklusion vorlegen. Dieser wird aktuelle Handlungsfelder und Herausforderungen bei den sonderpädagogischen Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsangeboten beleuchten.
Ganztag an Grundschulen ist wichtige pädagogische Säule
Im neuen Schuljahr 2017/18 starten weitere 57 Schulen im Land mit dem schulgesetzlich verankerten Ganztagskonzept. Damit gibt es ab Herbst insgesamt 440 Ganztagsschulen, die mit dem schulgesetzlich verankerten Ganztagskonzept arbeiten. Für den Ausbau der Ganztagsgrundschulen hat das Land für die Jahre 2018 und 2019 zusätzlich jeweils 50 Deputate eingeplant.
„Von unserem Ganztagsgipfel im Mai habe ich von allen Beteiligten außerdem den Wunsch mitgenommen, den unterschiedlichen Bedürfnissen, von der rhythmisierten Ganztagsschule bis hin zur flexiblen Nachmittagsbetreuung, gerecht zu werden“, so die Ministerin. Grundsätzlich gilt es nun deshalb zeitnah zu klären, wie sich das Land wieder stärker bei der Bezuschussung flexibler kommunaler Betreuungsangebote engagieren kann. „Betreuung und Ganztag sind gleichermaßen sinnvoll und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“, sagt Kultusministerin Eisenmann. Es sei vorgesehen, in den kommenden Monaten unter Beteiligung des Finanzministeriums mit den kommunalen Landesverbänden Gespräche über die Umsetzung der Ergebnisse des Ganztagsgipfels zu führen.
Pakt für gute Bildung und Betreuung weiterentwickeln
Im Mittelpunkt der Beratungen über den Pakt für gute Bildung und Betreuung steht das Ziel, die Angebote der frühkindlichen Bildung und Betreuung im Land sowohl qualitativ als auch quantitativ zu stärken. „Im neuen Schuljahr werde ich zügig mit den kommunalen Landesverbänden, den freien Trägern sowie der Kindertagespflege über die gemeinsamen Schritte beraten“, sagt Eisenmann. Angedacht sei es, den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule dabei besonders in den Blick zu nehmen.
Digitale Bildungsplattform geht an den Start
Ein weiterer bildungspolitischer Schwerpunkt ist die Digitalisierung. Drei Aspekte stehen dabei besonders im Fokus: Die didaktisch-methodische Verankerung im Unterricht, die Qualifizierung der Lehrkräfte und die notwendigen technischen Voraussetzungen. Dabei gilt grundsätzlich: Die Technik muss der Pädagogik folgen. Neben verbesserten Unterstützungsmaßnahmen für Schulen und neuen Fortbildungskonzepten für Lehrkräfte spielt der Aufbau einer landesweiten digitalen Bildungsplattform eine zentrale Rolle. In einem ersten Schritt sollen über die Plattform Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern Basisdienste zur Kommunikation und Kooperation zur Verfügung gestellt werden. Alle Lehrkräfte sollen darüber hinaus erstmals eine dienstliche E-Mail-Adresse erhalten. Die Plattform soll bis Ende des Jahres an den Start gehen. Während einer rund einjährigen Pilotphase im Jahr 2018 überprüfen circa 100 Schulen die Plattform auf ihre Tauglichkeit hin, wobei grundsätzlich alle Schulen bereits während der Pilotphase Zugriff auf die Plattform erhalten sollen. Das Land finanziert den Aufbau der Plattform: Rund 8,7 Millionen Euro stehen hierfür als Anschubfinanzierung bereit. Ziel ist, im Schuljahr 2019/20 die Plattform in Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden in den Regelbetrieb zu überführen.
KMK-Präsidentschaft rückt berufliche Bildung in den Fokus
Durch das baden-württembergische KMK-Präsidentschaftsjahr steht das berufliche Schulwesen im besonderen Fokus. Unter der Federführung Baden-Württembergs werden derzeit zwei KMK-Beschlüsse erarbeitet. Zum einen geht es um ein gemeinsames Strategiepapier zur Qualitätsentwicklung beruflicher Schulen – zentral ist darin etwa unter dem Stichwort „Berufliche Schulen 4.0“ die Erschließung der Potenziale der Digitalisierung in der beruflichen Bildung. Zum anderen möchten die Länder gemeinsam bei der beruflichen Orientierung an den allgemein bildenden Schulen einen Schwerpunkt setzen. „Je früher und intensiver wir Schülerinnen und Schüler bei ihrem Berufswahlprozess unterstützen, desto besser gelingt ihnen der Schritt von der Schule in eine Ausbildung, ein Studium oder in den Beruf“, sagt Eisenmann. Die Kultusministerin kündigt in diesem Zusammenhang an, im neuen Schuljahr erstmals einen Tag der beruflichen Orientierung an allen weiterführenden allgemein bildenden Schulen in Baden-Württemberg einzuführen, um dieses Thema noch stärker in den Schulen zu verankern.