Änderung des Landesmediengesetzes

Hier gehts zur Rede

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Was lange währt, wird endlich gut - und: Gerade noch rechtzeitig

 

  • Ende eines langen Prozesses, der unter anderem auf die im Koalitionsvertrag festgelegten Medientische zurückgeht.
  • Auch ich hätte mir mehr konkrete Ergebnisse gewünscht.
  • Aber mit dem heutigen Tag schaffen wir bedeutend mehr als nur die gesetzliche Voraussetzung für die Auszahlung von jeweils 4,2 Millionen Euro an die Regionalen Fernsehsender mit must-Carry-Status in Baden-Württemberg
  • Wir führen in Baden-Württemberg erstmals die Betrauungsnorm ein - ein Instrument, auf das ich gerne näher eingehen möchte, weil sie es nämlich ist, die den heutigen Tag vielleicht sogar zu einem historischen Tag in der Medienpolitik dieses Landes macht.
  • Nicht falsch verstehen: Wir haben die Schaffung einer Möglichkeit zur finanziellen Unterstützung medialer Angebote aus dem Staatshaushalt nicht erfunden. Die Schweiz, aber auch Bayern und andere Bundesländer haben vor uns den Weg eingeschlagen, regionale Bewegtbildberichterstattung - also Nachrichten über politische, wirtschaftliche, künstlerische oder gesellschaftliche Ereignisse in einer Region - mit Steuermitteln zu fördern.
  • Historisch ist die Änderung aber dennoch deshalb, weil sie an einem wichtigen Punkt eine Entscheidung - eine unserer Meinung nach längst überfällige Entscheidung trifft:

    Diese Änderung des Landesmediengesetzes stellt allzu große Bedenken der Staatsferne unter bestimmten Voraussetzungen zurück. Nämlich dann, wenn das Interesse nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes, also wenn die „Pflicht zur Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit“ überwiegt. Und wenn - wie hier geschehen - die Staatsferne durch die Betrauung einer unabhängigen Institution wie der Rundfunkanstalt gewährleistet ist.

 

Warum ist das so wichtig?

 

  • Weil die Dinge sich dramatisch geändert haben. Weil es unsere Pflicht als Landespolitiker ist, uns der Verrohung der Medien und damit der Gesellschaft zu stellen. Weil dieses „sich stellen“ heute mehr fordert als nur ein Schulterklopfen. Weil es längst um Existenzen geht - und damit um die Existenz des Fundaments, auf dem die Demokratie mehr fußt als uns das manchmal bewusst ist.
  • Wir müssen aktiv werden, weil das, was heute auf unseren Straßen los ist, auch das Ergebnis einer medialen Überfrachtung aus dem In- und Ausland ist, die man nicht mit Zensur, nicht mit ins Lächerliche Ziehen, nicht mit Überheblichkeit oder mit dem Abschalten des Internets oder mit Eingriffen in das Recht zur freien Meinungsäußerung begegnen kann und darf.
  • Sondern weil wir Desinformation mit Information, Desinteresse mit Interesse, Fakes mit Fakten und Unaufmerksamkeit mit Aufmerksamkeit bekämpfen müssen.
  • Und wenn Sie an der Stelle mit mir übereinstimmen, dann reicht es eben nicht, immer nur zu sagen: Es ist toll, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, der uns mit allem versorgt, was wir brauchen. Und was da nicht läuft, ist nicht passiert.
  • Es reicht auch nicht, es toll zu finden, dass wir neben diesem informationellen Schlachtschiff auch noch einen privaten Fernseh-, Radio und Zeitungs- und Online-Markt haben, der als Zweite Säule nicht nur Garant ausgewogener Berichterstattung ist, sondern auch wirtschaftlich von großer Bedeutung für unser Medienland Baden-Württemberg ist.

 

Dem „Toll finden“ müssen „Taten folgen“.

 

  • Und deshalb habe ich die Kritik von VAUNET, also von den Privatradios, von Nicht-must-carry-Sendern und von Zeitungsverlagen sehr wohl vernommen, die uns gesagt haben: Warum kriegen DIE Geld und WIR nicht?
  • Lassen Sie mich zum Schluss deshalb diese Frage zweifach beantworten:

 

  1. Weil professionelle Bewegtbildberichterstattung, wenn sie gut sein soll, ein Erlösmodell voraussetzt, das bei den nun begünstigten regionalen must-Carry-Sendern nicht in Sicht ist. Die Unmöglichkeit eines gleichzeitig wirtschaftlich betretbaren Modells und einer professionellen Redaktionsausstattung wie wir sie uns vorstellen, ist leider immanent.

Dieses Problem haben andere Genres in Nicht-Corona-Zeiten nicht nicht in diesem Ausmaß!

 

Und

  1. Weil die Unterstützung privater Radiosender zwar unbedingt notwendig ist, aber weil diese auch anderweitig, zum Beispiel durch Kooperationen im Bereich der Funkturmlizenzen oder in einer fairen Aufteilung des Werbemarktes, realisiert werden kann.
  • Was die Zeitungen anbelangt, das prophezeie ich jetzt einfach mal, werden wir uns schon bald ebenfalls überlegen müssen, wie wir die Transformation seitens des Staates positiv begleiten können.

ABER das tun wir nicht heute.

Heute stimmen wir für die vorgeschlagene Anpassung des Landesmediengesetzes.

Und gehen damit einen kleinen Schritt für die Medienbranche, aber einen großen Schritt für die Medienpolitik in diesem Land.

 

VIELEN DANK

Zurück