Gesetz über die dialogische Bürgerbeteiligung
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Der Wunsch nach Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen.
Je näher und unmittelbarer Entscheidungen wirken, desto größer ist die Bereitschaft geworden, für das FÜR oder für das WIDER auf die Straße zu gehen, Leserbriefe zu schreiben oder wahlweise Streit auf einem Geburtstagsfest des Nachbarn anzufangen.
Nicht mitgewachsen mit der Bereitschaft zum aktiven Einmischen in die Politik ist leider die Bereitschaft, sich für politische Ämter zur Verfügung zu stellen. Es ist geradezu paradox: Je politischer die Gesellschaft wird, desto weniger bereit scheinen die Menschen zu sein, sich systematisch, sprich, für einen langen Zeitraum und themenunabhängig in politischen Ämtern zu engagieren.
Die parlamentarische Demokratie basiert aber nicht auf der Vertretung von Partikularinteressen, nicht auf zeitlich befristetem
Engagement, sondern, um die Biografie von Erwin Teufel zu zitieren, auf dem „Gewissen für das Ganze“.
Wer für Projekt A mehr Geld will, muss sagen, bei welchem Projekt B bis Z er oder sie das Geld einsparen will. Das ist anstrengend. Das macht nicht beliebt. Und umso wichtiger ist dieser Dienst, den hauptamtliche und ehrenamtliche gewählte Vertreter in den Gremien des Landes und der Kommunen Tag für Tag leisten.
Dieser Vorspann sei erlaubt, wenn es heute um die Verabschiedung des Gesetzes zur Dialogischen Bürgerbeteiligung geht. Denn bei diesem Gesetz geht es eben genau NICHT darum, die parlamentarische Demokratie zu schwächen, Gemeinderäte zu schwächen, Kreisräte zu schwächen - es geht darum, ihre Entscheidungen in besonders strittigen Fragen auf eine breitere Basis zu stellen - und sie letztendlich dadurch zu stärken.
Wir begrüßen deshalb, dass mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf ein weiteres Element strukturierter Bürgerbeteiligung im Vorfeld wichtiger Entscheidungen geschaffen wird. Wer künftig zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger einbinden möchte, kann bei der Auswahl dieser zeitlich befristeten Beraterinnen und Berater auf das Melderegister zurückgreifen.
Das gibt Rechtssicherheit für diejenigen, die auf dieses Instrument zurückgreifen wollen.
Und Rechtssicherheit ist eine gute Sache in einem Rechtsstaat.
Deshalb stimmen wir dem Gesetzesentwurf zu und bitten Sie, es uns gleich zu tun.