Gesetz zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetze - Zweite Lesung

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

In Baden-Württemberg gibt es 1043 Naturschutzgebiete, sie überdecken 2,4 Prozent der Landesfläche. Die allermeisten davon wurden noch im alten Jahrhundert eingerichtet. Hinzugekommen sind seit den 1990er-Jahren nicht nur die FFH-Flächen im Rahmen von Natura 2000 und eine Fokussierung der Auszahlung aus der Zweiten Säule für naturnahe Bewirtschaftungsmethoden in Form von MEKA und FAKT. Auch die Biosphärengebiete Schwäbische Alb und Südschwarzwald sowie der Nationalpark zeigen, wie ernst wir es in diesem Land mit dem Naturschutz meinen. Wir haben in manchen landwirtschaftlichen Bereichen den höchsten Bioanteil bundesweit, unsere Hofgrößen und unsere Landwirtschaftsstrukturen sind weit entfernt von dem Wahnsinn, der teilweise in anderen Bundesländern, in Europa und in der Welt herrscht. Unsere Nitratbelastung bestimmt zwar viele Debatten, aber die tatsächlichen Werte zeigen, wie erfolgreich Schalwo und andere Maßnahmen zum Schutz unserer Gewässer sind und waren. Unsere Wochenmärkte sind nicht nur in Corona-Zeiten Ausdruck eines tiefen Verständnisses der Menschen für landwirtschaftliche Wertschöpfung aus der Region und den Wert von Lebensmitteln an sich. Auf Märkten kommen auch Naturschutz und Landwirtschaft zusammen - schützen durch nützen - dieses Prinzip steht in Baden-Württemberg nicht nur auf dem Papier, es wird gelebt. Unsere Landschaftserhaltungsverbände schützen Kulturlandschaft - und zwar nicht mit eigenen Maschinen, sondern mit der Arbeit, dem Schweiß, den Maschinen und dem Mitmachen von Bäuerinnen und Bauern. Wir haben im Umweltschutz den Kampf an vielen Stellen gleichzeitig geführt - heute ist das Wasser sauberer, der Wald gesünder und die Luft frischer als sie jemals in diesem Land in den letzten 50 Jahren war.

Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen - sie soll aber genügen, um das Biodiversitätsgesetz, das wir heute durch Änderungen im Naturschutzgesetz und im Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz beschließen, richtig einzuordnen. Es ist nicht so, dass wir durch das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ plötzlich anfangen, die Natur zu schützen. Sondern es ist vielmehr so, dass wir das, was bereits vorgegeben ist und gelebt wird, um die Komponenten Pflanzenmittelreduktion, verpflichtender Biotopverbund, Regeln für das Anlegen von Gärten und für Beleuchtungsanlagen sowie weitere Regelungen, auf die sich die Verbände aus Naturschutz und Landwirtschaft geeinigt haben, erweitert wird.

Damit setzen wir uns in Sachen Naturschutz erneut deutschlandweit an die Spitze und werden damit unseren eigenen hohen Ansprüchen gerecht.

Dass auf diesen Schritt noch viele weitere folgen müssen, wissen wir alle. Aber wir sind auf einem Weg. Und darum geht es. Und das müssen, das sollten auch diejenigen anerkennen, denen der Kompromiss zu weit oder nicht weit genug geht.

Denn der Kompromiss ist nicht faul, er ist in vielen Teilen bemerkenswert: Ein Fünftel aller landeseigenen Grünflächen werden zu Blühflächen, wir passen die Beleuchtung von Gebäuden dem Lebensrhythmus der Insekten an.

Wir fördern die Forschung, um unsere Landwirte bei den schwierigen Umstellungen, um ihre Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit sicher zu stellen.

Pflanzenschutzmittel werden nicht nur in Privatgärten verboten, sondern auch auf Flächen, die sich in öffentlicher Hand befinden.

Die Ökolandbauquote ist erstens marktkonform und zweitens wird sie begleitet von der Marketing-Kampagne „Natürlich - von daheim“. Wir geben die Arbeit nicht nur ab, wir verbieten nicht nur – wir leisten auch selbst unseren Beitrag! Wir verzahnen Verwaltung, Wissenschaft und Praxis so eng wie nötig – lassen den einzelnen Akteuren dabei aber so viel Freiheit möglich!

Natürlich hätte es noch Wünsche zur Veränderung gegeben. Namentlich möchte ich die Initiative zu einem Raumübergreifenden, regionalen Biotopverbund nach dem Vorbild des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben nennen. Aber das, sehr geehrter Herr Stoch, und sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ist halt das Problem bei einem Prozess, aus dem der Landtag mehr oder weniger herausgehalten wird: Ob NABU oder andere Verbände - lauter hätte man uns nicht sagen können, wir sollen die Finger vom Gesetz lassen, um den Kompromiss nicht zu verwässern. Nun denn - dann werden wir das eben zu einem anderen Zeitpunkt in Eigenregie anpassen müssen.

 

Zukunft wird aus Mut gemacht - so singt nicht nur NENA, so ist es auch hier. Baden-Württemberg geht mit diesem Gesetz mutig voran.
Ich lade Sie ein, der Landesregierung zu folgen und diesen Gesetzesentwurf in großer Geschlossenheit in diesem Hause zu verabschieden.

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