Haushaltsrede zum Umwelt-Etat

Runde 1

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Umweltministerium ist u. a. zuständig für eines der wichtigsten Themen dieser Legislaturperiode – vielleicht sogar für eines der wichtigsten Themen unserer Generation –, und der Name des Ministeriums – neben „Umwelt“ auch „Energie“ und „Klimaschutz“ – zeigt wie in einem Hausaufgabenheft die Schwerpunktsetzung, die richtig und wichtig ist.

Gerade deshalb ist es mir heute wichtig, anlässlich dieses Haushalts nicht nur über diese beiden Themenfelder zu reden, über die wir uns so oft unterhalten – beispielsweise die IPCEI-Projekte der Europäischen Union oder den Bau von Photovoltaikanlagen –, sondern auch über das Thema Nachhaltigkeit zu sprechen – ein Thema, für das das Umweltministerium in ganz, ganz vielen Feldern zuständig ist. Dabei möchte ich das Licht auch einmal ein bisschen auf die Felder lenken, die wir uns vielleicht gar nicht täglich bewusst machen.

Zunächst möchte ich mich bei den Beamtinnen und Beamten bedanken, bei den Projektierern, bei den Gutachtern, bei den Unternehmen und in diesem Zusammenhang auch bei den Mitarbeitern auf den Landratsämtern, bei der LUBW und bei den anderen Behörden des Landes, die dafür sorgen, dass unser Trinkwasser sauber und gesund ist, dass unser Brauchwasser so aufbereitet wird, dass es die Umwelt nicht belastet, dass unsere Rohstoffversorgung mit Kiesen, mit Sanden, mit Kalk oder Naturstein aus regionalen Vorkommen in Baden-Württemberg gesichert ist, dass unsere Wasserwege sowohl Transportwege als auch Lebensraum für Tiere und Pflanzen sind, dass unsere Kreislaufwirtschaft Zug um Zug Wirklichkeit wird – trotz manchmal vieler Widerstände vor Ort gegen Deponien oder gegen Recyclinganlagen –, dass unsere Böden den Wert und die Aufmerksamkeit genießen, die sie verdienen, dass der Betrieb des letzten aktiven und der Rückbau der abgeschalteten Kernkraftwerke sicher gemanagt werden, dass unsere Schutzgebiete zum Wohle der Menschen, der Regionen und der Natur gepflegt werden – dazu gehört auch, dass wir für alles, was wir diesbezüglich tun, den Dialog suchen, und vor allem, dass wir den Menschen vor Ort auch zuhören und dass die Zusammenarbeit mit unseren Landschaftspflegern über den Vertragsnaturschutz – zumeist sind es Land und Forstwirte – kooperativ und partnerschaftlich und eben nicht konfrontativ erfolgt.

Dafür, meine Kolleginnen und Kollegen, sowie auch für die vielen Gespräche und Protokolle im Rahmen des Kampfes für und gegen Windmühlen möchte ich mich anlässlich dieses Haushalts bei den vielen, vielen Mitarbeitern ganz herzlich bedanken.

Damit es nicht nur im Allgemeinen bleibt, möchte ich ein paar Beispiele herausgreifen. Ich möchte beginnen mit einem Geburtstagskind: Die Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg bei der LUBW wurde im letzten Jahr 30 Jahre alt. Begonnen hat die HVZ mit einem automatisierten Datenabruf von rund 30 Pegeln an Rhein, Neckar, Donau und Main. Heute liefern mehr als 300 Pegel kontinuierlich Daten für Flüsse und Bäche in ganz Baden-Württemberg.

Der Hochwasserschutz wird aber nicht nur an diesen Flüssen betrieben, sondern im ganzen Land. Allein das Land nennt nun 217 km lange Dämme sein eigen; diese Zahl wird im kommenden Jahr auf 234 steigen.

Ebenfalls am Rhein wird gemeinsam mit Frankreich das Integrierte Rheinprogramm umgesetzt. Im Jahr 2022 sollen 50 % des geplanten Rückhaltevolumens von 167,3 Millionen m3 erreicht werden. Die Gesamtkosten dieses Projekts allein belaufen sich auf 1,7 Milliarden €.

Die im UM beheimatete Marktüberwachung sorgt dafür, dass, was immer Sie in den nächsten Tagen auch kaufen – Sie werden für Ihre Kinder natürlich alle nur nachhaltige, handgefertigte Weihnachtsgeschenke aus Baden-Württemberg erwerben, nehme ich an. Trotzdem wird die Marktüberwachung im kommenden Jahr wahrscheinlich ca. 11 000 Mal nachschauen müssen, ob die Spielzeuge, die gekauft wurden, auch tatsächlich nicht gefährlich sind.

Die Umweltakademie gibt es seit 1987. Sie wird im nächsten Jahr 8 000 Menschen weiterbilden: Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher. Sie wird dafür sorgen, dass die Umwelt in den Unterricht kommt.

Schließlich fördern wir die Umweltbildung natürlich auch über etwas, was uns sehr am Herzen liegt: das Freiwillige Ökologische Jahr. Allein dafür stellen wir 1,4 Millionen € zur Verfügung. – Ich finde es gut, dass bei einem solchen Thema ein Finanzpolitiker als Erster klatscht.

Zum Umweltministerium gehört aber natürlich auch der Naturschutz, bei dem erneut kräftig aufgestockt wird – wegen der Umsetzung des Biodiversitätsstärkungsgesetzes ebenso wie im Rahmen unserer Hausaufgaben bei der Umsetzung der FFH-Rahmenrichtlinie.

In diesem Zusammenhang freut es uns, die CDU, ganz besonders, dass wir einen Schwerpunkt auf die Biotopvernetzung setzen. Sie kennen ja das Prinzip: Jeder Gemeinde ihr Biotop.

Ich freue mich auch persönlich darüber, dass wir das Artenmonitoring verstetigen; denn wir müssen wissen, wo das Geld richtig eingesetzt ist.

Viel hilft nicht immer viel, insbesondere im Naturschutz nicht.

Aber selbstverständlich liegt der Fokus derzeit auf der Energie. Ich möchte drei Punkte nennen, die uns hier wichtig sind.

Zum einen sind das die Mittel für die Fortschreibung des Energie- und Klimaschutzkonzepts bei den landeseigenen Liegenschaften. Für den Ausbau von Fotovoltaik auf Dächern werden wir im Bereich Finanzen 17 neue Stellen schaffen. Sie werden auch zur Verfügung stehen, um Wärme- und Energiekonzepte in den landeseigenen Gebäuden umzusetzen.

Zweitens machen wir Baden-Württemberg zum Sonnenland, und zwar nicht nur auf den Freiflächen, sondern auch auf den bereits überbauten oder bewirtschafteten Flächen. Es hat sich herumgesprochen: Insbesondere die Parkplätze, die es schon gibt, sind mir ans Herz gewachsen. Millionen € für PV auf Bestandsparkplätzen sind Teil des Sofortprogramms, 2,7 Millionen € für die Agri-PV sowie ein Hochlauf der Investitionen für PV auf den landeseigenen Liegenschaften.

Drittens unterstützen wir aus voller Kraft den von der Plattform Erneuerbare Energien vorskizzierten Weg des Wasserstoffhochlaufs in Baden-Württemberg mit einem Endszenario von 47 TWh pro Jahr bis 2040. Wasserstoff als Schlüsselkraftstoff in Industrieanlagen, bei der Strom- und Wärmeerzeugung sowie in Reinform oder als strombasierter Kraftstoff vorwiegend aus dem Ausland wird darüber entscheiden, ob wir bis zum Jahr 2040 das Ziel der Treibhausgasneutralität in diesem Land erreichen oder nicht.

Mit der Kooperation des Wirtschaftsministeriums bei der Initiative „H2 Süd“, mit dem Sofortprogramm Klimaschutz im UM, mit hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung aus dem Wissenschaftsetat für ZEW und KIT sowie mit der Umsetzung der Wasserstoff-Roadmap setzen wir im Haushalt 2022 große Akzente in diesem Bereich.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Ministerpräsident hat in seiner Rede diesen Haushalt 2022 als einen Übergangshaushalt bezeichnet. Das ist in zweierlei Hinsicht richtig. Erstens befinden wir uns auf einem Weg, und vieles von dem, was die Opposition im Anschluss gleich fordern wird, ist bereits in Planung.

Zweitens befinden wir uns in jeder Hinsicht in einer Zeit des Übergangs. Um diesen Übergang zu gestalten, braucht es mehr als nur einen Haushalt, aber der Haushalt 2022 ist ein guter Anfang dafür.

Vielen Dank.

 

 

Runde 2

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal: Herr Gruber, ich sehe es auch so, dass wir uns ehrlich machen müssen, was diese Zähler-Nenner-Thematik anbelangt, und dass wir im Ausbau kräftig vorankommen müssen. Ich meine deshalb, dass wir die Transformationsgesetzgebung an sich noch einmal überdenken müssen. Wir müssen fragen, ob sie nicht eine starke Schlagseite in Richtung Abschalten hat und ob wir auch gesetzlich dafür sorgen können, dass wir Dinge anschalten. Ob wir das im Rahmen des Klimaschutzgesetzes machen, ob wir ein Transformationsgesetz oder ein Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz machen oder ob wir das aus der Taskforce nehmen – Legalplanung für Einzelprojekte, z. B. für Parks oder für Leitungen –, müssen wir uns überlegen.

Aber ich glaube, wir kommen durch diese Thematik nicht durch, wenn wir immer nur Gesetze zum Abschalten und zum Vermeiden von CO2 machen. Sonst haben wir am Schluss lauter abgeschaltete Kraftwerke, die in Wirklichkeit aber weiterlaufen, weil die Netzagentur sagt: Ihr dürft sie gar nicht abschalten.

Herr Kollege Bonath, das, was Sie zum Thema Windkraft gesagt haben, finde ich jetzt spannend. Wenn ich es recht im Kopf habe, hat die Ampelkoalition im Bund gesagt: „Wir setzen nicht, wie Baden-Württemberg, 2 % für erneuerbare Energien ein, also für Fotovoltaik und Wind.“ Vielmehr war sie sogar so mutig, zu sagen: 2 % nur für Wind.

Deswegen müssen Sie mir das jetzt noch einmal erklären. Ich habe das irgendwie nicht ganz zusammenbekommen.

Zweitens: Auch mir geht es noch einmal um die Mittel. Erst im Mai dieses Jahres hat die Bundesregierung 8 Milliarden € über IPCEI allein in Deutschland für 62 Projekte ausgegeben, 1,73 Milliarden € davon allein in diesem Jahr. Davon zahlen wir in Baden-Württemberg 358 Millionen €.

Obendrauf kommt noch, dass die Europäische Union international hauptsächlich in Nordafrika 330 Milliarden € für Entwicklungsprojekte bezahlen wird, die sehr viel mit Klimaschutz und vor allem mit Energieproduktion für die Europäische Union zu tun haben werden. Ich glaube also, dass da genug Geld im System ist.

Drittens: Das, was Sie zur Klimaschutzstiftung gesagt haben, ist sehr witzig; das muss ich schon sagen. Sie sprachen von „Greenwashing“; das kennen wir normalerweise immer aus einer anderen Ecke. Also, was unternimmt man mit diesem Geld? Es wird zertifiziert, und Sie bekommen das Zertifikat nur dann, wenn tatsächlich wirksam CO2 eingespart wird.

Es gibt einen berühmten Vertreter der FDP, der im ZDF im Wahlkampf einmal gesagt hat, dass er gern einen alten Porsche fahre. Wie heißt er noch mal? Lindner heißt er, glaube ich; genau: unser Finanzminister. Er hat selbst gesagt: Ich lösche jedes Jahr meinen privaten CO2 -Fußabdruck. Ich kaufe für meinen persönlichen CO2 -Ausstoß zur Kompensation privat Ausgleichszertifikate.

Da das wahrscheinlich die gleichen Ausgleichszertifikate sind, zumindest die gleichen Partner, mit denen die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg zusammenarbeitet, würde ich sagen: Erst mal nachlesen, bevor wir weitermachen.

Auch wenn die Uhr schon rot ist: Frau Ministerin – ein Satz noch, der mir wirklich wichtig ist –, wir schaffen einen Hochlauf in der grünen Wasserstoffwelt nur dann, wenn wir in der Zwischenzeit auf Gas setzen. Es geht nicht ohne Gas und nicht ohne Gasleitungen. Gas ist keine Log-in-Technologie, es ist die Voraussetzung dafür, dass wir H2-ready sind, wenn der Wasserstoff kommt. Deswegen möchte ich Sie alle darum bitten – Herr Gruber und die Kollegen der Grünen –: Sagen Sie Steffi Lemke einen schönen Gruß, und bitten Sie sie, national darauf zu setzen, dass wir in der Europäischen Union durch die Taxonomie keine Diskriminierung von Gasnetzen bekommen, sonst funktioniert unser Ziel mit der Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 in Baden-Württemberg nicht.

Vielen Dank.

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