Plenarrede - Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Immer wieder kommen wir an diesen Punkt, an dem wir sagen: Hier läuft etwas schief, wir sollten etwas ändern. Der Krieg in der Ukraine und gerade der Blick auf die Alternativen zu russischem Gas und russischem Öl – Kohle aus Kolumbien, Gas aus Katar, Kernenergie aus Frankreich, Verlängerung von Kraftwerkslaufzeiten – führt uns auf erschreckende Art und Weise vor, wie sehr wir uns verändern müssen, damit wir bleiben, was wir sind.

Wir kennen dieses Gefühl schon, dass wir etwas ändern müssen. In den Siebzigerjahren hatten wir die Ölkrise und die autofreien Sonntage, in den Neunzigerjahren hatten wir die Golfkriege, während denen wir schon mal davon gesprochen haben, dass wir uns von den fossilen Energien lösen müssen, 2008 die Finanzkrise, in der wir nicht wussten, wo das Geld herkommen soll, 2011 Fukushima, seit 2015 die Pariser Klimaschutzziele, seit 2018 Fridays for Future und 2019 die schulfreien Freitage. Parallel dazu gab es immer die IPCC-Berichte.

In dieser Woche hatten wir einen wütenden UN-Generalsekretär, der sich angesichts eines Krieges vielleicht auch andere Themen hätte vornehmen können, um wütend zu sein, aber er war wütend auf westliche Unternehmen und Staaten, die – ich zitiere – das eine sagen und das andere tun.

Der dritte Teil des aktuellen IPCC-Berichts, in dem es u. a. um die Bedeutung der internationalen Finanzströme geht, mag uns gefallen oder nicht, aber er konstatiert eben, dass Geld die Welt regiert. Der Einsatz des Kapitals entscheidet über Wohl und Wehe der Klimapolitik.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Klimapolitik ist Menschheitspolitik; Klimapolitik ist Entwicklungspolitik; Klimapolitik ist eine Überlebensstrategie für unsere Spezies auf einem funktionierenden Planeten. Deshalb ist Klimapolitik auch Wirtschaftspolitik und die Chance auf eine nachhaltige Wirtschafts- und Lebensweise im 21. Jahrhundert. Sie ist die Verbindung zwischen dem Wunsch nach Freiheit und Wohlstand und dem Selbstverständnis als Demokrat, dass meine Freiheit da endet, wo die Freiheit des Nächsten – in diesem Fall der nach uns folgenden Generationen – beginnt.

Wenn die Freiheit in Gefahr ist, dann braucht es Entschlossenheit. Denn als Partei der sozialen Marktwirtschaft, als Christdemokraten, die dem Markt als dem stärksten Ausdruck menschlichen Willens vertrauen, ihm aber gleichzeitig Richtung und Führung im Sinne des sozialen Ausgleichs geben, verlangen wir nichts weniger, als dass politischer Wille in Verwaltungshandeln umgesetzt wird. Wir sind dazu bereit, alles zu unternehmen, was in unserer Macht steht, um dieses Grundprinzip eines funktionierenden Staates zu stärken.

Wenn wir hier drinnen, in diesem Parlament, A sagen, dann möchte ich in den weiteren Verfahrensschritten nicht ständig und ausschließlich B hören. Denn am Ende wird aus A und B meist das, was Deutschland derzeit im Planungsbereich auszeichnet: ein Aber.

Dieses Aber ist in sehr seltenen Fällen demokratisch. In den allermeisten Fällen ist es zumindest individualistisch und manchmal sogar egoistisch. Wie kann es sein, dass die demokratische Grundordnung dem menschengegebenen Individualismus einen Riegel vorschiebt, indem man bei Wahlen eine 5-%-Hürde einführt, damit der Schwanz nicht mit dem Hund wackelt, aber in den Genehmigungsverfahren dann Einzelnen erlaubt wird, wieder und wieder und wieder dem politischen Willen und der verwaltungstechnischen Zustimmung ein Schnippchen zu schlagen, mit dem Nebeneffekt, dass sich die Verwaltung geschwächt fühlt, dass sich Investoren angewidert abwenden und gleichzeitig die Menschen das Gefühl haben, dass wir an unseren eigenen Zielen scheitern? Wer will, dass Demokratie den Diktatoren dieser Welt überlegen bleibt, der muss ein Interesse an schlanken Verfahren haben.

Um nichts weniger geht es, wenn wir heute das Fraktionsgesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung erneuern. Wenn eine Verwaltung eine Entscheidung getroffen hat, dann wird sie nicht noch einmal gezwungen, sich selbst zu hinterfragen. Wir sagen: Das Widerspruchsverfahren ist im Bereich der Windkraft in sich widersprüchlich – nicht nur bei Windrädern, sondern auch im Allgemeinen.

Dieses Gesetz ist ein erster parlamentarischer Schritt dazu, Widersprüchliches in der Rechtsetzung zu vermeiden. Als Parlament sind wir hier zwar gefordert, aber vor allem soll dieser Auftakt auch ein Wink in Richtung Taskforce sein. Wir unterstützen die Taskforce der Landesregierung zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien.

Sehr geehrte Frau Ministerin Walker, sehr geehrte Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter, an uns im Parlament soll es nicht scheitern. Wir unterstützen die regionale Planungsoffensive des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen. Wir unterstützen die Windkraftoffensive im Staatswald. Wir unterstützen unser Justizministerium und danken Ministerin Gentges für die Einrichtung eines Infrastruktursenats.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, warum ist dieser erste parlamentarische Schritt zur Planungsbeschleunigung nebst anderen Turbos im Klimaschutzgesetz oder in der Fotovoltaik schlicht so wichtig? Er ist ein Signal, dass wir die Dauer der Verfahren nicht mehr akzeptieren. Um unabhängiger zu werden, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig unsere in Paris unterschriebenen Verbindlichkeiten einzuhalten, brauchen wir schlichtweg alles – alles, was sich dreht, alles, was sich erhitzt, alles, was Strom erzeugt oder Gas produziert, alles, womit man Energie transportieren oder Energie einsparen kann, alles, womit man Wasser hochpumpen und wieder herunterlassen kann.

Wir werden deshalb auch im benachbarten Ausland nach Energie suchen. Wir werden Potenziale im Bereich des Güllegases heben. Wir werden die Wasserkraft genauer anschauen, die Fotovoltaik im Bestand stärken und intelligente Wohn- und Quartierskonzepte angehen. Deswegen werden wir auch weiterhin über die Verfahrensermöglichung und die Verfahrensbeschleunigung nachdenken. Dabei wird die Haltung der CDU-Fraktion ganz bestimmt nicht die des Zauderers sein.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur in Baden-Württemberg sind eine Kernaufgabe in dieser Legislatur. Wenn Sie uns dabei unterstützen wollen, dann unterstützen Sie unsere Gesetzesinitiative. Sie ist ein Baustein, der zum Eckstein werden könnte.

Vielen Dank.

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